Alexander Bonadurer    siehe auch:"Bündner im Russischen Reich"

Dr. med. Alexander Bonadurer, geboren 1883 in Kiew, entstammte einem Versamer Zweig dieses ehemals in dieser Gegend recht verbreiteten Geschlechtes. Er ist der Sohn des nach Russland ausgewanderten Johannes Bonadurer aus dem Unterhof in Versam, geboren 1846. Dieser lebte zuerst in Petersburg (heute Leningrad) bei seinem Onkel Domenik Ritz à Porta, welcher 1869 der Kirche Versam, wo sein Vater Jakob Ritz à Porta von Guarda in den Jahren 1826 - 1844 als Pfarrer gewirkt hatte, den schönen Taufstein aus schwarzem Marmor schenkte. Später ist Johannes Bonadurer dann nach Kiew übergesiedelt, hat dort 1874 geheiratet und nach anfänglicher Beteiligung am Gaswerk ein Installationsgeschäft gegründet. Seine Frau, Amalie Schädel, entstammte mütterlicherseits aus dem Baltikum und ihr Vater irgendwo aus Ostdeutschland.

"Wir waren 5 Geschwister", erzählte Dr. Alexander Bonadurer. "Ein Bruder ist als ganz kleines Kind gestorben, als ich noch nicht auf der Welt war, ein weiterer Bruder im Alter von ca. 18 Jahren 1897 an Tuberkulose. Ich bin kaum fünf jährig gewesen, als der Vater nach langer, schwerer Krankheit gestorben ist. Der ältere Bruder Peter Adolf, geboren 1875, übernahm dann später das Geschäft des Vaters, das ihm die Mutter übergeben hat, um sich ganz ihrer geliebten Tätigkeit, dem Bauen neuer Häuser, widmen zu können."

Die Mutter muss eine sehr tüchtige Frau gewesen sein! Sie hat sich aus einfachen Verhältnissen emporgearbeitet. Mit dem Häuserbauen verdiente sie sehr gut, und darum konnte sie Alexander, ihren Jüngsten, studieren lassen. Er holte sich in Kiew die Ausbildung zum Arzt. Als solcher führte er dann später ein eigenes Spital. 1904 verheiratete er sich mit Katharina Warenetzky, einer gebildeten, vornehmen Russin. Ein Jahr später wurde ihnen ihre einzige Tochter Marie geboren. Sie lebten in gehobener Stellung, es gebrach ihnen an nichts. Aber dann sind sie in die Stürme der russischen Revolution hineingeraten und sind in kurzer Zeit um alles gekommen. Dr. Alexander Bonadurer sprach nur selten von seinen Schicksalsschlägen, wie er sein ganzes, sicher namhaftes Vermögen und sein eigenes Spital von heute auf morgen verloren hat. Wie ihm die Kommunisten im ausgeraubten Spital mit vorgehaltenem Revolver drohten, ihn zu erschiessen. Das hätten sie wahrscheinlich auch getan, wenn es ihm nicht gelungen wäre, einem ihrer Kameraden das Leben zu retten. Sie haben ihn dann in ein Lazarett gejagt, und aus diesem vermochte er schliesslich mit grosser List zu entfliehen. Auf seiner Flucht mit der Frau und der Tochter gelangte er in eine Stadt Südrusslands, wo er bei düstern Leuten Zuflucht fand, bis es ihnen dann schliesslich gelang, mit einem Schiff nach Europa zu kommen.
Arm wie eine Kirchenmaus kehrten sie 1920 in ihre Heimatgemeinde zurück. Ich erinnere mich noch, wie diese Flucht in Versam und Umgebung das Tagesgespräch war. Die Heimatgemeinde und die Verwandten haben sich der Familie so gut als möglich angenommen. Sie fand Wohnung im, grossen Haus auf dem Tobel in Versam, dem heutigen Haus Hänny. Dort habe ich sie als Knabe öfters besucht. Alle waren immer sehr lieb mit mir. Sie sprachen perfekt Deutsch, allerdings mit einem fremdländischen Akzent. In ihrer Wohnung war alles sehr, sehr einfach eingerichtet. Auf dem Tisch brodelte der Samowar! Sicher gebrach es ihnen an vielem. Doch man hörte nie ein Wort der Klage.....

Es gelang Dr. Bonadurer dann, als Assistent des Arztes der Krankenkasse Signina ein bescheidenes Auskommen zu finden. Er liess sich nicht unterkriegen, immer wieder zeigte er einen goldenen Humor. Ja, er brachte 1926 in seinem vorgerückten Alter noch den Mut und die Kraft auf, an der Universität Basel einige Semester Medizin zu studieren, um dann anschliessend das eidgenössische Aerztediplom zu erwerben. Er schreibt mir in einem Brief:

"Nach verschiedenen Irrfahrten kam ich 1929 nach Truns als Kassaarzt. Merkwürdigerweise konnte ich mich hier behaupten, trotzdem ich weder katholisch noch romanisch geworden bin... Zu meiner grössten Bestürzung wurde mir das Ehrenbürgerrecht der Gemeinde Truns verehrt, was wahrscheinlich im Hinblick auf die sprachlichen und konfessionellen Verhältnisse ein gewisses Unikum darstellt!"

R. Stampa schreibt in seinem Nachruf auf Dr. Bonadurer in der Neuen Bündner Zeitung, wie er ihn seinerzeit in Safien kennen lernte: "Er fiel mir sofort auf, weil er damals eine Art Bluse trug, wie sie in Russland üblich ist. Auch seine Kopfform kam einem zuerst etwas fremd vor und verriet, wie es mir schien, slavische Züge. Sobald er aber zu reden begann, klärte sich sein ganzes Gesicht. Seine grosse Güte verbarg sich hinter einem feinen ironischen Zug. Es war die Ironie eines Menschen, der aus einem schweren Kampfe siegreich hervorgegangen war."

Gestorben ist Dr. Alexander Bonadurer 1960 in Basel, wo seine Tochter als Aerztin wirkte. Er hatte sich im Alter dorthin zurückgezogen und den Kontakt mit den Versamern fast ganz verloren. Am 25. Februar 2007 habe ich nachstehende Karte erhalten. Dabei waren viele Gedichte die Dr. Bonadurer auf seiner Schreibmaschine gedichtet hat. Die Originale sind bei mir und weiter unten habe ich einige Texte eingescanned. Auch die letzen Gedichte bei denen er einen kleinen Einblick in seine Leben gibt.

Das Lied von der Katze ca. 1934 (Satyrisches Gedicht von Alexander Bonadurer)

Die Katze ist ein nettes Tier
Und macht den Menschen viel Pläsier:
Ist sauber, schön und graziös,
Sie ist sehr lieb, wenn sie nicht bös.
Sie leckt die Tatz', sie putzt die Fratz,
Sie schnurrt so fein, die liebe Katz,
In Märzennächten, die so lang,
Erfreut die Katz' uns mit Gesang.

Und auf der ganzen Welt die Leut`
Durch Katzensprsprünge sehr erfreut,
Es geht so weit, dass mancher auch
Katzbuckeln lernt nach Katzenbrauch.
Und ist im Hause eine Maus,
So macht die ratz ihr schnell Garaus.
Von Tieren allen - das ist klar
Die Katz' das beste Exemplar.

Drum hegt und pflegt man überall
Die Katz auf unserem Erdenball.
Der Mensch gibt ihr den schönsten Platz
Und alles macht er für die Katz.

 

Ich verfüge noch über viele Gedichte und Unterlagen über Alexander Bonadurer. Er war sehr kreativ und ein sehr interessanter aktiver Mensch.